Wenn es bei dir am Abend vor dem 11. November an der Haustür klingelt, öffne ruhig die Tür denn die Kinder sind unterwegs beim Martinssingen. Vieler Orts haben die Kinder Laternen dabei. Es gibt eigene Laternenumzüge aber bei uns in der Region ist es Tradition an den Haustüren zu klingeln und um eine Gabe in Form von Süßigkeiten, Nüssen oder Obst zu bitten.
Gut, wenn den Kindern dann die Einkellerungskartoffeln in den Beutel gegeben werden finde ich das auch nicht nett, aber Äpfel oder Mandarinen werden immer gerne genommen.
Die Kinder erinnern mit diesem Gang an den heiligen Martin von Tours.
Die Martinsverehrung hat eine lange Tradition und reicht zurück bis ins Mittelalter. Martin von Tours, geboren um 316/317 personifiziert als Römer in Gallien den Übergang des heidnischen Reiches in das Christentum. Er wurde Patron des christianisierten Frankenreichs. Sein Kult verbreitete sich im Reich der Franken und vor allem nach Nordwestdeutschland, wo ihm erste Kirchen geweiht wurden. Am 4. Juli 372 wurde Martin zum Bischof geweiht.
Der 11. November ist nicht Martins Todestag sondern der Tag seiner Beisetzung und wurde schon bald in der ganzen Kirche als hoher Festtag gefeiert.
Die Martinsbräuche im Laufe der Zeit
Das heutige Martinsfest hat sich aus alter Tradition entwickelt. In früherer Zeit feierte man das Fest zu Hause oder in einer Schenke mit Freunden durch Speis und Trank. Um 1900 wurde das Martinsbrauchtum neu belebt. Ein gemeinsamer Martinszug von Kindern mit Laternen entwickelte sich. Die gesungenen Lieder bezogen sich auf den Heiligen St. Martin.
Während des zweiten Weltkrieges endeten die Traditionsbräuche und wurden nach 1945 überkirchlich und schulübergreifend neu organisiert. Es rückte nun das mitmenschliche Helfen, abgeleitet von der “Mantelteilung Martins” weiter in den Vordergrund. Hier entstand auch der Brauch des Verschenkens von Martinstüten.
Ich bin als Kind auch zum Martinssingen gegangen
Ich erinnere mich hierbei sehr gerne an meine eigene Kindheit. Wir trafen uns am Nachmittag und berieten zuerst wie groß die Gruppe sein sollte. “Gehen wir lieber alle zusammen oder teilen wir uns auf?” war die erste Frage. Denn wenn nicht ganz so viele Kinder auf einmal vor der Tür stehen, geben die Leute mehr.
Nach dem Losgehen sprach sich schnell herum, wo es besonders leckere Dinge gab, aber auch wo die Tür nicht geöffnet wurde, obwohl das Licht brannte. Dennoch waren damals fast alle auf die Kinder vorbereitet und öffneten die Haustür mit einer großen Schüssel gefüllt mit Süßigkeiten. Regen machte uns nichts aus, wir liefen meist von 15.00 bis 18.00 Uhr auch wenn es dann schon dunkeln war. Hatten unsere Eltern Angst um uns? Ich glaube nicht, wir waren nicht allein, es waren so viele Kinder unterwegs. Aussagen wie “Ich habe keine Lust mehr” oder “mir tun die Füße weh” gab es nicht.
Anschließend zu Hause verkroch ich mich in meinem Zimmer und schüttete die gefüllte Tüte aus. Was ich nicht mochte bekamen meine Eltern, das Obst kam in die Küche.
Waren das schöne Zeiten 🙂
Heute lebe ich noch immer in Niedersachsen und auch hier in Salzderhelden gehen die Kinder am 10. November von Tür zu Tür. Anfangs, als unser Sohn noch klein war, gingen wir mit dem Kindergarten beim Laternenumzug mit (ein paar Tage vorher), an der Feuerwehr gab es dann warme Würstchen für alle Kinder, zwischendurch wurden Laterne-Lieder gesungen.
Zu dieser Zeit klingelten kaum Kinder bei uns, eine Schale Süßigkeiten hatte ich immer im Haus, aber das meiste aßen wir später selbst. Jahr um Jahr wurden es dann wieder mehr Kinder und heute weiß ich, dass ich deutlich mehr einkaufen muß als vor einigen Jahren.
Halloween vertreibt das Martinssingen
Aber es hat sich auch einiges geändert.
Viele Erwachsene denken nicht mehr an diesen für die Kinder doch so aufregenden Tag im Jahr. Sie haben nichts mehr im Haus um es an die Kinder zu verteilen oder sie öffnen nicht die Tür. Die Außenjalousien rattern runter, nach dem Motto “hier ist keiner zu Hause”.
Außerdem: Einige Grüppchen an Kindern laufen ja nun auch an Halloween durch die Straßen und klingeln an der Haustür. Ich mag zwar Halloween-Dekorationen, aber diesen Tag feiern, verkleiden oder die Kinder von Haus zu Haus schicken unterstütze ich nicht. Beim Martinssingen wird immer ein ganzes Lied gesungen, nicht einfach nur platt gesagt “Süßes sonst gibt´s saures”.
Vielleicht öffnen aus diesem Grund viele ihre Tür nicht mehr zum Martinstag. “Einmal im Jahr reicht doch” werden sie wohl denken. Und dabei ist es doch herzallerliebst, wenn die kleinen Mäuse von 4-6 Jahren vor der Tür stehen und ihr Liedchen singen, für das sie so lange geübt haben. Oder die größeren, denen es eigentlich schon peinlich ist an der Haustür zu singen, aber auf einmal doch noch ganz klein sind 😉
(Unser Sohn ist nun 10 und noch hat er Spaß am Martinssingen und freut sich schon darauf. Die Kinder dürfen sich wieder ab 15.00 Uhr bei uns treffen und irgendwann laufen sie dann los. Wenn sie zurück kommen tauschen sie untereinander die Dinge die der eine mag und der andere nicht, danach geht es für seine Freunde nach Hause. Auch wenn ich selbst nicht mehr mitlaufe freue mich schon auf diesen Tag, einfach weil ich mich an die schönen Tage in meiner Kindheit erinnere.)
Mittlerweile ist unser Sohn aus dem Alter raus und geht nicht mehr zum Martinssingen. Aber die Erinnerungen bleiben.
Jetzt hast du aber genug gelesen – schnell schnell – kauf doch auch noch etwas Obst oder ein paar Süßigkeiten ein und freu dich so wie ich, wenn die Kinder klingeln und mit roten Bäckchen ihre Lieder singen.
Beliebte Martinslieder
Als Martin noch ein Knabe war
Als Martin noch ein Knabe war,
hat er gesungen so manches Jahr,
vor allen Türen weit und breit,
da freute sich die Christenheit.
Ach liebe Leute gebt uns was,
denn heute ist ja Martinstag!
Matten Matten Meeren
Matten Matten Meeren,
die Äpfel und die Beeren.
Lasst uns nicht so lange steh’n,
wir wollen noch nach Bremen geh’n –
Bremen ist ‘ne große Stadt
da geben alle Leute was.
Den Großen und den Kleinen,
sonst fangen sie an zu weinen.
Viel Spaß und liebe Grüße
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Ich seh’ es wie Du, hier im Kölner Raum war das Martinssingen samt der Umzüge immer eines der Highlights des Jahres. An der Schule gab es Tee, Weckmann & Punsch. Dann kam der Umzug, fast jeder Umzug schaffte es, ein weißes (!) Pferd zu organisieren, dank der vielen Reitschulen und der (damaligen) Reiterstaffel kein Problem. Das Martinsfeuer war auch immer toll. Meine Freundin hatte wegen des Regens einmal nur noch den Stock mit Kerze, egal, es wurde weiter gesungen. Unsere Kinder sind auch um die Häuser gezogen. Sie hatten Spaß, Süßigkeiten & vieles mehr (im Positiven).
“Trick or Treat” ist nicht meins. Halloweendeko etc. ok., aber das Gammeln (Betteln) und Häuser beschmieren / Eier werfen und Schlimmeres kann mir gestohlen bleiben.
In diesem Sinne
Viel Spaß an Sankt Martin (der 11.11. hat hier ja noch viel mehr Bedeutungen 😉 )